Es stimmt gar nicht, dass Steine nicht reden können. Man muss nur ganz nah heran und genau den richtigen Augenblick finden.
Straßenlärm stört natürlich. Auch die Unterhaltungen der Parkspaziergängerinnen und Parkspaziergänger sind meist schon laut genug, um das Erzählen der Steine zu übertönen. Das Beste ist eine kalte Winternacht, der jeder Mensch, der es irgendwie vermag, entflieht in die Behaglichkeit der eigenen vier Wände. Fast niemand ist mehr da. Die Stadt hält ihren ewig lauten Mund. Die Flocken fallen. Der Frost klirrt. Dann beginnt es.
Karl: „Sie sagen, wir haben uns geirrt, Friedrich. Ein grober Unfug ist das. Geirrt? Haben wir etwa im Politbüro gesessen? Haben wir die Kosaken erschossen? Konnten wir eingreifen, als sie uns zur Religion erhoben? Hat auch nur irgendwer versucht, uns zu entwickeln und aufzugreifen, was wir als Menschen hinterließen, unsere Aufforderungen zum Denken, zum Fragen, zum Zweifeln? Geglaubt haben sie uns, Friedrich. Was für eine Beleidigung für dich und mich! Geglaubt. Was für eine Bequemlichkeit! Sie haben uns geglaubt wie man an einen gottverdammten Katechismus auf dem Nachttisch glaubt. Sie flogen zum Mond, aber Du und ich sind nur noch welke Rosenkränze in einer Zeit der Verwirrung. Ich könnte dermaßen kotzen. Man hätte ihnen einen Kant in jedes Vorwort des Kapitals legen müssen, als Magenbitter für die schwere Kost im Hauptgang. Geirrt? Diese Armleuchter. Aufregen tut mich das! Was machen wir überhaupt hier? Was soll all dieser Schnee? Ich sehe den verdammten Turm nicht mehr.“
Friedrich: „Geduld, Karl. Es fehlt dir an Geduld! Das war schon immer so.“