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Lucinda

Lucinda Billy John entstammt einer adligen Familie im Matriarchat der Inselwelt der Marshalls.

Ihre Mutter war eine der „Ladies“ der Insel Mili. Wir treffen Lucinda im städtischen Teil von Majuro vor dem großen K & K Supermarkt, wo die ausländischen Entwicklungshelfer ihre gewohnten Produkte erhalten können: westliches Obst und Gemüse, Marlboro Zigaretten (gerade ausverkauft), Softdrinks, Käse und Wurst aus der Markenreihe „Western Family“.

Aber Lucinda zieht es zur Lagune. Sie führt uns über die quirlige Hauptstraße bis zu einem kleinen Park, wo an diesem Abend des 8. März 2018 die Bühnen und Stände abgebaut werden, an denen der internationale Frauentag gefeiert wurde. Selbstbewusst bahnt sie sich ihren Weg, wiegend ist ihr Gang, man nickt ihr zu, man kennt sie.

Wir setzen uns gegenüber auf zwei Bänke und sie beginnt würdevoll zu erzählen.

Wie viele Atombomben und Wasserstoffbomben man über den Inseln einst gezündet hat, das erinnere sie nicht. Es seien viele gewesen und heute gibt es eine neue Bombe, den Anstieg des Meeresspiegels. Der Ort, wo sie als Kind spielte, den gibt es nicht mehr. Und gleich hinter uns, wo die Seemauer endet und die Lagune beginnt, da liege ein kleiner Hafen unter Wasser, heute.

Doch das berechtige die Leute nicht, ihr Land zu verlassen. Zwei Söhne hat sie. Sie leben in den USA. Und jedes Mal, wenn sie sie besuchen fährt, da freut sie sich, sie zu sehen, doch das Heimweh ist auch stark, fast ist es stärker als die Liebe. Und ihre Mädchen, die seien schließlich auch daheim geblieben, an diesem wunderbaren Ort, wo die Menschen alles miteinander teilen und das Taxi von einem Teil der Insel zum anderen Teil kaum zwei Dollar kostet und dich der Fahrer auch dann mitnimmt, wenn du mal kein Geld dabei hast.

Sie jedenfalls hat immer gekämpft. Ihre ersten beiden Kinder bekam sie während des Studiums in Guam. Da wurde es dann nichts mehr mit dem Abschluss. Der Vater war ein Trinker. Sie verließ ihn, kehrte nach Hause zurück und suchte sich Arbeit. Erst kellnerte sie, dann bediente sie die großen alten Xeroxmaschinen im „Copy Masters“, dann betrieb sie ein eigenes Kunstgewerbe.

Die Leute kämpfen nicht hart genug, sagte sie. Sie seien gute Christen und sie glaubten, dass Gott die Inseln schützen werde. Oder sie gingen einfach davon, weil sie denken, dass Gott die Inseln strafen will.

Lucinda hält sich für keine gute Christin. Sie glaubt, dass es die Aufgabe der USA ist, den Inseln zu helfen, die Kosten zu übernehmen, für den Ausbau der Dämme und Mauern. Sie denkt, das Land habe etwas gut zu machen. Aber in den USA regiert nun Trump. Und der verstünde von allem vor allem eines, nämlich rein gar nichts.