Wann immer etwas gründlich verkehrt läuft, gib es unter den Menschen drei mögliche Reaktionen. Die einen sagen, es sei nicht so schlimm. Die anderen sagen, es sei schlimm, aber man müsse es eben ertragen. Zum Glück gibt es außer den „Einen“ und den „Anderen“ immer auch die „Weiteren“. Die Weiteren sagen, dass es schlimm sei und man es deshalb ändern muss.
Majuro, das Hauptstadt-Atoll der Marshallinseln, hat etwa 20 000 Einwohner. Es gibt dort keinen ständigen Tierarzt. Etwa 6 000 verwilderte Hunde leben hier auf den Straßen. Die meisten sind hungrig und viele in erbärmlichen Zustand. Den zahlreichen Katzen geht es nicht besser. Die kräftigen unter den Hunden rotten sich zu Rudeln zusammen und greifen Spaziergänger an. Die schwachen und die starken Hunde gleichermaßen sorgen für eine latente Seuchengefahr auf dem dicht besiedelten Atoll. Auf dem noch dichter besiedelten Ebeye-Atoll sieht es nicht anders aus.
Seit Jahren schaut die marshallesische Regierung an diesem Zustand vorbei. Die politischen Lager sind gespaltener Ansicht. Die Einen sagen, es sei nichts schlimm. Die Anderen sagen, es ließe sich nicht ändern. Doch es gibt zum Glück die Weiteren.
Die Weiteren – das sind die Leute von der NGO „RMI Love Animals“ und das Team der Tierärzte um die Hawaiianische Tierärztin Dr. Kelly Dowdall-Garberson.
Alle paar Monate treiben sie gemeinsam Spenden auf, um für Medikamente und Flüge zu bezahlen. Dann verwandeln sie mit vielen Freiwilligen für eine Woche lang Basketballhallen, Kirchen und Universitätssäle in temporäre Kliniken. Wer sein Tier bringen kann, soll kommen. Wer nicht kommen kann, wird abgeholt. Vor allem aber sterilisieren die „Flying Vets“ hunderte von wilden Hunden an einem einzigen Tag, impfen sie, heilen ihre Wunden und befreien sie von Zecken und Würmern. Ihre Arbeit ist hart und sie ist blutig. Aber sie ist notwendig, weil sie menschlich ist. Sie nützt nicht nur den Tieren. Sie nützt den Menschen. Denn diese Arbeit ist der einzige logische Weg, um die Zahl der Tiere und die Gesundheitsgefahren in diesem winzigen Land auf humanen Weg in den Griff zu bekommen.
Wenn die Weiteren nichts weiter tun würden als das, dann wären sie schon Heldinnen und Helden. Aber sie tun mehr als das. Dr. Kelly Team und die NGO vermitteln freundlich Kritik und Wissen. Sie erklären den Leuten, die denken, es sei nicht so schlimm, dass es schlimm ist und warum es auch dann schlimm ist, wenn es immer schon schlimm war. Sie zeigen denen, die denken, man könne nichts ändern, wie man die Dinge zum Besseren bewegt. Eine ganze Generation junger Marshalles*innen beginnt damit, umzudenken, nicht länger auf die Vergangenheit zu hören, sondern auf ihre Vernunft. Und unter den Vernünftigen gibt es nun auch die ersten jungen Schülerinnen der Tiermedizin.
Als kameradisten.org haben wir diese „Story“ über viele Monate verfolgt und einen Dokumentarfilm gedreht, der auf der Webseite von RMI Love Animals angeschaut werden kann.




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