Als Jimmy Langlys deutscher Urgroßvater, Herr Müller, wegen des Kokusgeschäftes nach Kiribati kam, verliebte er sich dort in eine Frau von den Marshall Inseln. Nachdem die sich dann schließlich ganz sicher war, da heiratete sie den Deutschen und beide bleiben auf Kiribati.
Im Jahre 1984 korrigiert Jimmy diesen uralten Schritt seiner Familie. Nach dem Schulabschluss in Kiribati setzt er sich in das Flugzeug nach Majuro, der Hauptinsel der Marshallinseln. Sein Entschluss steht fest. Er wird Pilot werden. Die Ausbildung gibt es damals nur hier. Er bemüht sich um eine Förderung und erhält sie und verliert sie wieder, weil irgendwem irgendwann auffällt, dass die Förderung aus rechtlichen Gründen nur Staatsangehörige der Marshall Inseln erhalten dürfen. Jimmy aber ist damals ein I-Kiribati (Mensch von Kiribati).
Wir treffen Jimmy in seiner kleinen Hütte hinter dem Dorf Lojkar (Majuro, Marshall Inseln). Einen Jungen hatten wir nach dem Weg gefragt. Blau sei die Hütte und Langly sei der Name. Mehr wussten wir nicht. Der Junge führt uns über schlammige Wege in Begleitung von schlammigen Hunden bis vor die richtige Tür.
„Hey, Langley“, ruft er. „Da sind so Leute, die sagen, du hast Zeit für die.“
Jimmy hat Zeit. Aber er ist müde. „Ist gut, sagt er zu dem Jungen. Danke, dass du meine Freunde hergeführt hast. Bist ein guter Junge.“
Jimmy ist nie Pilot geworden. Er arbeitet als Sicherheitsmann im K & K Supermarkt und das bis in die späten Abenstunden. Er mag seinen Job, sagt er. Er kann zu Fuß zur Arbeit gehen und verschwendet kein Geld für das Taxi. Die Arbeit ist leicht und Probleme mit Kunden gebe es nie. Damals, als er von Kiribati hier her kam, das sei das Leben weit anstrengender gewesen. Er hatte auf Baustellen gearbeitet, schwere Arbeit war das.
Erst diesen Monat wird er die Mindestarbeitszeit geleistet haben, um später eine Rente beantragen zu können. Aber er will gar nicht klagen. Alles sei gut. Sechs Kinder hat er heute und bereits vier Enkelkinder. Das Leben hat es gut mit ihm gemeint. Er sei froh, hier zu sein.
„Obwohl“ unterbricht er sich. „Vielleicht auch nicht. Aber seid ihr sicher, dass ihr das Zeug wirklich interessant findet, was ich euch erzähle?“
„Ja, sicher.“ sagen wir.
Jimmy lehnt sich in seinem Stuhl zurück und schließt die Augen. Dann erzählt er. Erst kürzlich war er für nur einen Tag nach Honolulu geflogen. Seine Tochter lebt dort. Er hatte Geld gespart. Sie hatte Geburtstag. Es war eine Überraschung. Der Flieger schwebte am frühen Morgen ein. Die Luft war ganz klar und der Himmel wolkenlos. Es war noch fast völlig dunkel und unter der Maschine funkelten tausende Lichter. Das waren die Lichter der Häuser und Laternen und Autos. Aber über der Maschine da funkelten auch tausend Lichter.
„Das waren die Sterne“, sagt Jimmy leise.