Jina David ist ein Experte für Trinkwasser. Früher reiste er oft weite Strecken über den salzigen Ozean von einem winzigem Atoll zu anderen, reparierte die Trinkwasseranlagen in den Dörfern und unterrichtete die Leute, wie sie das in Zukunft selbst hinbekämen.
Jina hat gar keinen Zweifel. Die Marshallinseln seien der beste Ort auf der Welt. Obwohl es hier an so Vielem fehlte. Es gibt keine Berge und deshalb auch keine Flüsse. Die Landfläche ist klein. Und sie wird stetig kleiner. Der ansteigende Ozean frisst das Land auf. Immer mehr Marshallesen verlassen die Republik.
Aber Jina David wird niemals fort gehen und er sagt uns, warum: Auf den kleinen Punkten Land inmitten der unermesslichen Weite des Pazifiks leben möglicherweise die freundlichsten Menschen der Erde. Es gibt kaum Gewalt. Es gibt keine Schusswaffen. Nicht einmal die Polizei hat welche. Land wird nur auf der weiblichen Linie vererbt. Seit uralten Zeiten haben hier die Frauen die Macht und sie üben sie so aus, dass die Männer sich gleichberechtigt fühlen dürfen. Selbstverständlich führt eine Präsidentin den Staat: Hilda Heine. Der deutsche Name verwundert uns. Jina ist stolz auf diese erste Frau im Staate und er ist Politiker genau wie sie. Wie sei er denn Politiker geworden, wollen wir wissen.
Jina lächelt sanft. Man habe ihn regelrecht gezwungen, sagt er uns. Lange schon haben seine Frau und er sich für die Interessen ihrer Gemeinde eingesetzt. Vor den letzten Wahlen zum Counsel, einer Art Bundesrat, haben die Frauen und die Männer dort ohne sein Wissen begonnen, Unterschriften für Jinas Kandidatur zu sammeln. Als er es dann mitbekam, waren schon zu viele Namen auf dem Zettel. „Ich bin doch Wasser-Experte“ sagte er den Leuten. „Ich habe doch schon einen Job.“
„Jetzt hast du einen anderen“ antworteten ihm die freundlichsten Menschen auf der Erde. Sie hatten Recht. Jina wurde gewählt.
Wir wollen ihn noch fragen, warum die Präsidentin einen deutschen Namen hat, aber Jina schaut auf die Uhr seines Smartphones, muss schon wieder weiter zu seinem zweiten Job neben dem politischen Amt. Er ist Projektleiter bei JO-JIKUM, eine NGO, die gegen die Ursachen der Erderwärmung ankämpft, um den besten Ort auf der Welt zu bewahren.
“Ihr müsst wissen”, sagte er zum Abschied, “Wir sind Ozeanmenschen. Wir waren immer schon Überlebenskünstler. Wir haben alle Schwierigkeiten durchgestanden. Aber jetzt braucht es dazu Unterstützung von außen, neue klimaneutrale Technologien, teure Schutzmaßnahmen gegen den anschwellenden Ozean und aufwändige Landaufschüttungen. Also, sagt euren Leuten zuhause, dass sie eine Verantwortung haben. Wir müssen nicht untergehen. Es sei denn, ihr lasst uns.”